- GEW-Kampagne "Zeit für mehr Zeit"
- Pendleraktion am Bahnhof Gelnhausen
Am Mittwoch, dem 03.05., führten die drei Kreisverbände im Main-Kinzig-Kreis ihre gemeinsame Aktionskonferenz im Rahmen der GEW-Kampagne „Zeit für mehr Zeit“ in Gelnhausen durch. Die Resonanz war durchaus groß, der Einladung durch die Vorstände der Kreisverbände (Anja Saling und Jörg Engels für Hanau, Heike Rickert-Fischer, Herbert Graf und Mario Wagner für Gelnhausen sowie Pyrola Dittmar und Vanessa Erlinger für Schlüchtern) waren rund 35 interessierte und engagierte Kolleginnen und Kollegen gefolgt.
Im Kern diskutierten die Teilnehmenden aus den verschiedensten Schulformen über die kürzlich ausgesprochenen Empfehlungen der ständigen Kommission der Kultusminister-Konferenz zur Behebung des Lehrkräftemangels. Diese wurden zunächst von Heike Rickert-Fischer, Barbara Watteroth-Mann (Geschäftsführerin KV Gelnhausen) und Elisabeth Dietz (KV Gelnhausen, Angestelltenvertreterin im Gesamtpersonalrat) vorgestellt. In der sich anschließenden Diskussion wurden diese von allen als wirklichkeitsfern, sogar kontraproduktiv angesehen. Pyrola Dittmar stellte angesichts der Forderung der Kommission, vermeintliche „Beschäftigungsreserven“ durch die Verminderung von Teilzeit und Altersermäßigung weiter auszuschöpfen fest: „Hierdurch wird der Beruf noch unattraktiver gemacht, keiner in den Ministerien sieht, dass wir alle kaputt sind“.
Dass die gemachten Empfehlungen ein verzerrtes Bild der Realität abgeben und hinsichtlich der gemachten Vorschläge zur Gesunderhaltung der Lehrerinnen und Lehrer geradezu zynisch anmuten, kritisierten auch Anja Saling und Herbert Graf.
Zu den von der Kommission aufgeführten Maßnahmen zur psychischen Gesundheit und zum Stressabbau, die der aus den Empfehlungen resultierenden steigenden Belastung der Lehrkräfte entgegenwirken sollen, konstatierte Jörg Engels (Vorsitzender des Kreisverbands in Hanau): „Den akut überlasteten Lehrkräften mit Achtsamkeits-Fortbildungen zu kommen ist, wie einem Ertrinkenden den Schwimmkurs am kommenden Nachmittag zu empfehlen!“
Als Möglichkeit, mehr Zeit für die Bildung der Schülerinnen und Schüler aufbringen zu können und die Belastung der Kollegien zu vermindern, wurde der verstärkte Einsatz von zusätzlichem, auch nicht-pädagogischem Personal, z.B. von Verwaltungskräften, und generell der Aufbau multiprofessioneller Teams an den Schulen gesehen. Eine Teilnehmerin stellte nüchtern fest „Es müssen nicht alle Aufgaben an den Schulen von Lehrkräften übernommen werden“ und unterstützte damit die gemeinsame Forderung sich durch eine Verringerung der zusätzlichen Aufgaben wie dem Erstellen von Konzepten, wieder mehr unserem Hauptgeschäft, den pädagogischen und unterrichtlichen Aufgaben, widmen zu können.
Auch die Schwierigkeiten einer gelingenden Inklusion wurden diskutiert. Einhellig stellte man fest, dass eine inklusive Beschulung unter den gegebenen Bedingungen und ohne weiteres Personal nicht nur nicht gelingen kann, sondern alle Beteiligten – sowohl die Schülerinnen und Schüler mit und ohne Einschränkungen einerseits, als auch die Kolleginnen und Kollegen andererseits – auf der Strecke bleiben. „Schule sollte ein Schutzraum und kein Abstellraum sein“, bemerkte eine Teilnehmerin und Nicole Schleiff (stellv. Vorsitzende HU) forderte mit deutlichen Worten, der Öffentlichkeit stärker bewusst zu machen, dass es so, wie es gerade ist nicht bleiben darf: „Im Moment gehen alle daran zugrunde!“
Anschließend stellten sich die Teilnehmenden in einer Pendler-Aktion am Gelnhäuser Bahnhof den Ankommenden und Abfahrenden mit der Frage „Entschuldigen Sie, hätten sie einen Moment Zeit? Zeit für mehr Zeit?“ in den Weg.
Das Ziel der Aktion war es, die Themen und Ergebnisse des Vormittags öffentlich zu machen und mit den Ankommenden über die Bildungspolitik in Land und Kreis ins Gespräch zu kommen. Wo das Problem bei einem der Hauptanliegen der GEW-Aktion „Zeit für mehr Zeit“, der Verkleinerung der Lerngruppen, liegt, hatte ein vorbeikommender Schüler einer 9. Hauptschulklasse schnell erfasst und treffend auf den Punkt gebracht: „Wenn es wegen dem Lehrermangel keine kleineren Klassen gibt, dann muss man den Leuten eben mehr Geld bezahlen, damit mehr von ihnen Lehrer werden wollen!“
Dabei stand eine bessere Bezahlung bei den anwesenden Lehrkräften nicht im Vordergrund, sondern der Wunsch, unter besseren Arbeitsbedingungen mehr Zeit in die Erziehung und Ausbildung der Kinder und Jugendlichen investieren zu können.
Dass hierfür mehr Geld in den Bildungsbereich fließen muss, ist natürlich allen klar und die Hauptvoraussetzung für eine Verbesserung der Situation an den Schulen.
Wir hoffen darauf, dass bei der kommenden Landtagswahl im Herbst diese Forderung auch von den Eltern ins Zentrum der Diskussion gerückt wird. Einen ersten Anstoß hierzu sollte mit der Aktion geliefert werden.