Neues Verfahren zur Vergabe von BAT-Verträgen

Massive Auswirkungen auf alle Beschäftigten

‘Was hat es mit mir zu tun?’ mag sich jemand fragen, der seinem Unterricht und seinen außerdienstlichen Verpflichtungen nachgeht, wenn Kolleginnen und Kollegen seiner oder der Nachbarschule für längere Zeit erkranken oder aus anderen Gründen ausfallen.

Bisher eher wenig, wurde in den letzten Jahren längerfristiger Unterrichtsausfall doch meist durch befristete BAT-Verträge kompensiert. Mit mehr oder weniger gut ausgebildeten Menschen konnte längerfristiger Unterrichtsausfall in vielen Fällen vermieden werden. Die Zahl der BAT-Verträge wurde immer größer (442 Verträge im September 2009) und das Staatliche Schulamt musste feststellen, dass sein Budget zur Sicherstellung der Unterrichtsversorgung nicht ausreicht. Denn: Stellen für Angestellte  sind wegen des Arbeitgeberanteils zur Sozialversicherung um ca. 20 % teurer als eine Planstelle auf Beamtenstatus.

Eine missliche Lage. Was tun?

Beim Kultusministerium protestieren, mehr Geld fordern, Unterricht ausfallen lassen?

Das Staatliche Schulamt hat angeordnet, vorrangig alle gesetzlichen Möglichkeiten der Mehrarbeit von im Dienst befindlichen Lehrkräften voll auszuschöpfen und erst danach BAT-Verträge zu genehmigen. In einer Verfügung, die nur einen Tag nach nur äußerst knapper Erörterung mit dem Gesamtpersonalrat – ohne dessen Einwände aufzugreifen und ohne seine Zustimmung – an alle Schulleiterinnen und Schulleiter des MKK versandt  wurde, legte das Staatliche Schulamt das Procedere für die Beantragung von BAT-Verträgen fest.

Was beinhaltet die Verfügung und was bedeutet das für die Lehrkräfte?

  • Lehrkräfte mit Teilzeitbeschäftigung sollen vorübergehend ihre Stundenzahl aufstocken.
  • Lehrkräfte in Elternzeit sollen in vorgesehenen Grenzen wieder unterrichten.
  • Sind die Ressourcen in der Schule mit Engpässen ausgeschöpft, sind Abordnungen oder Versetzungen von anderen Schulen zu prüfen und ggf. durchzuführen.
  • Unbezahlte Mehrarbeit ist im Umfang von bis zu 3 Stunden im Monat (Teilzeitkräfte entsprechend weniger) unentgeltlich zu leisten – falls die Ursachen vorübergehender Natur sind.
  • Bezahlte Mehrarbeit kann angeordnet werden: „fehlende Bereitschaft zur Leistung von Mehrarbeit ist kein hinreichender Ablehnungsgrund“!
  • Nicht gehaltener Unterricht in nicht anwesenden Klassen – gleichgültig aus welchem Grund (z.B. Praktikumszeiten, Schulfahrten, Unterrichtsende bei Abschlussklassen) – ist zu bilanzieren und kann für Zeitausgleichsmaßnahmen herangezogen werden.
  • Vor Genehmigung eines BAT-Vertrages ist zu prüfen, ob Vertretungsunterricht über Mittel aus dem Programm „Verlässliche Schule” (VSS) eingesetzt werden können.
  • Erst wenn die o.g. Maßnahmen geprüft sind und deren Realisierung nicht ausreicht, um den Unterricht abzudecken, kann ein BAT-Vertrag vom Schulamt genehmigt werden, allerdings mit einer 20%igen Kürzung der erforderlichen Stunden. Das bedeutet Unterrichtsausfall trotz BAT-Vertrag oder Mehrarbeit von Kolleginnen und Kollegen.

Bei diesem Katalog wird schnell klar, dass eine Mangelsituation, die kein Beschäftigter zu verantworten hat, auf dem Rücken der schon über die Maßen belasteten Lehrkräfte beseitigt bzw. entschärft werden soll.

Dass Kolleginnen und Kollegen gefragt werden, ob sie ggf. für einen bestimmten Zeitraum ihre Teilzeit aufstocken wollen, ist schon grenzwertig, da die Teilzeit aus gewichtigen, persönlichen Gründen beantragt und genehmigt wurde. Mehrarbeit bei voller Stelle missachtet völlig die in allen Schulstufen zu hohe Unterrichtsverpflichtung. Die Anweisung „fehlende Bereitschaft ist kein hinreichender Grund” ist für viele Kolleginnen und Kollegen ein Angriff auf ihre Gesundheit, ihre Berufszufriedenheit und eine Missachtung ihrer hohen Arbeitsleistung.

Was tun?

Sollten Sie von der Schulleitung wegen bezahlter Mehrarbeit im o.g. Sinn gefragt werden, prüfen Sie sehr genau, ob Sie dazu in der Lage sind. Wenn ja, achten Sie darauf, dass die Mehrarbeit nicht zur Dauermehrarbeit wird, sondern tatsächlich vorübergehend ist.
Wenn nein, teilen Sie dies der Schulleitung begründet und unmissverständlich mit; informieren Sie auch den Schulpersonalrat über die Ablehnung, ggf. auch den Gesamtpersonalrat.

Wieder einmal ist festzustellen, dass das Staatliche Schulamt für den Main-Kinzig-Kreis eine unrühmliche Vorreiterrolle im Land Hessen in Bezug auf Verschärfungen der Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte einnimmt.
Die GEW-Fraktion im Gesamtpersonalrat wird sich massiv dafür einsetzen, dass Mangelsituationen nicht auf dem Rücken der schon mehr als genug belasteten Kolleginnen und Kollegen behoben werden. Sie wird besonders das Thema ‘Bilanzierung’ aufgreifen und sich vehement dafür einsetzen, dass nicht jede ausgefallene Stunde und schon gar nicht über einen längeren Zeitraum nachgearbeitet werden muss.

Seit Jahren fordert die GEW eine 5-prozentige Vertretungsreserve für alle Schulen. Die Verordnung des Staatlichen Schulamtes bestätigt wieder einmal, wie berechtigt diese Forderung ist und dass sie einer dringenden Umsetzung bedarf.