Pakt für den Nachmittag im Main-Kinzig-Kreis

GEW Kreisverband Gelnhausen rät Kollegien zur Vorsicht

In seiner Juni-Sitzung hat sich der Vorstand des Kreisverbandes Gelnhausen der Lehrer_innen-Gewerkschaft GEW mit den jüngsten schulpolitischen Entwicklungen im Main-Kinzig-Kreis befasst. Der Kreistag des Main-Kinzig-Kreises hat kürzlich den Einstieg in den Pakt für den Nachmittag per Beschluss freigemacht. So soll eine Betreuung der Schulkinder, insbesondere an den Grundschulen, gewährleistet werden. Der Pakt sieht vor, dass die Betreuung durch die Schule vor Unterrichtsbeginn und bis 14.30 Uhr sowie anschließend durch die Kommunen bis 16.30 Uhr erfolgt.

Derzeitige Situation

„Verlässliche Kinderbetreuung ist für viele Eltern eine Voraussetzung für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und erfolgt in der Regel in diesem zeitlichen Umfang nur durch kommunale Horte, die entsprechend dem Hessischen Kinderförderungsgesetz (KIFÖG ) nach einem bestimmten Betreuungsschlüssel mit Fachpersonal, definierten Gruppengrößen und räumlichen Standards arbeiten“, erläutert Herbert Graf vom Vorsitzenden-Team. „Darüber hinaus gibt es an vielen Grundschulen Betreuungsvereine, die unterschiedlich organisiert sind und deren Räumlichkeiten meist an den Grundschulen sind. Hier arbeiten im besten Fall ausgebildete Erzieher_innen oder anderes pädagogisches Fachpersonal, leider aber auch oft in befristeten Arbeitsverhältnissen, in der Regel handelt es sich jedoch um engagierte Mitarbeiter_innen auf 450 Euro Basis“, führt er weiter aus

Standards unklar

Der Pakt für den Nachmittag setzt nicht etwa bei den hohen Standards der Hortbetreuung an, sondern ermöglicht lediglich ein Mittagessen und eine Betreuung, in der Regel in Räumen, die an der Schule vorhanden sind. Eine feste Gruppengröße besteht nicht, je nach Anmeldezahlen sollen die Schulen Räume zur Verfügung stellen – vormittags als Unterrichtsräume mit entsprechenden Materialien genutzt – nachmittags als Spielfläche ohne entsprechende Ausstattung.

„Viele Grundschulen verfügen weder über genügend Räume noch über das Gelände für eine sinnvolle, auch Bewegungseinheiten umfassende Nachmittagsbetreuung. So äußern sich denn auch die Grundschullehrer_innen häufig kritisch“, erläutert Mario Wagner, ebenfalls im Vorsitzenden-Team. Folgende Fragen stellten sich in diesem Zusammenhang Wie soll sichergestellt werden, dass Arbeitsmaterialien des Unterrichts unbeschädigt bleiben? Wer ist verantwortlich, wenn für die Betreuung verständlicherweise andere Regeln gelten als für den Unterricht? Was geschieht, wenn die Betreuungskraft  ausfällt? Wer sorgt für Vertretung? Gibt es eine Hausaufgabenhilfe, die sicherstellt, dass die Kinder nicht abends nochmal ranmüssen mit den Eltern? Kommt auf die Kolleg_innen eine weitere Baustelle zu, neben der stetig gestiegenen Belastung durch die personelle Unterversorgung generell, speziell die Inklusion und die Beschulung von Kindern nichtdeutscher Herkunft? Viele Fragen bleiben offen!

Verständnis für die Wünsche der Eltern, aber ...

„Sicher ist, dass Kollegien, die die Einführung des Paktes in ihren Gesamtkonferenzen (denn deren Beschluss muss nach wie vor vorliegen, bevor mit der Umsetzung des Paktes begonnen werden kann) ablehnen, sehr wohl die Not der berufstätigen Eltern sehen. Sie möchten aber klare Bedingungen für die Kinder, für die Kolleg_innen und im Bereich der Zuständigkeiten für die Schulleitungen, Hausmeister, Putzkräfte Reinigungskräfte, Sekretärinnen… Es kann nicht sein, dass ein weiteres Sparmodell in die Schulen Einzug hält“, stellt Heike-Rickert-Fischer, die Grundschul-Frau im Vorsitzenden-Team, fest.

Sparmodell und Etikettenschwindel

„Der Pakt für den Nachmittag ist wie so vieles in letzter Zeit in der Bildungs- und Schulpolitik ein Sparmodell und ein Etikettenschwindel. Eine echte Ganztagsschule ist personell, konzeptionell und v.a. auch im Blick auf die räumliche und sächlicheAusstattung etwas ganz anderes“, führt Heike Rickert-Fischer weiter aus. „Langfristig steht die GEW für die zunehmende Implementierung von echten, rhythmisierten Ganztagsschulen für alle Kinder  mit entsprechender Ausstattung und Personal und viele Grundschulen haben sich auch im Main-Kinzig-Kreis bereits auf diesen ebenfalls recht steinigen Weg gemacht“, meint sie abschließend.

Artikel von Maike Wiedwald, stellv. Vors. GEW Hessen