Solidarität statt Spaltung

Parcours III

Solidarität statt Spaltung! Das ist das Motto einer gemeinsamen Initiative hier in Hanau, in der die GEW mitarbeitet.
Uns eint das Streben nach einer solidarischen Gemeinschaft aller Menschen, die hier leben.
Uns eint der Kampf gegen die Spaltung, die wachsende Ungleichheit und Ungerechtigkeit in unserer Gesellschaft.

Am 23.05.2017 fand zum dritten Mal ein Parcours der Solidarität am Freiheitsplatz in Hanau statt.

Wir empfehlen natürlich die Lektüre des Redebeitrags und der Plakatserie (siehe unten).

Ganz besonders empfehlen wir aber die die Aktion Reichtum umverteilen.
Mitmachen und unterzeichnen unter www.reichtum-umverteilen.de

Rede

Solidarität statt Spaltung! Das ist das Motto unserer gemeinsamen Initiative hier in Hanau. Uns eint das Streben nach einer solidarischen Gemeinschaft aller Menschen, die hier leben. Uns eint der Kampf gegen die Spaltung, die wachsende Ungleichheit und Ungerechtigkeit in unserer Gesellschaft. Für jeden Menschen in Deutschland soll im Sinne von Artikel 1 des Grundgesetzes ein Leben in Würde gewährleistet sein. Dafür treten wir ein. Jedoch, die Realität zeigt ein anderes Gesicht: Es gibt einen tiefen Riss in unserer Gesellschaft. Diesen Riss haben wir hier auf Plakaten dargestellt. Da gibt es auf der einen Seite Reichtum in einem Ausmaß, das normales Vorstellungsvermögen sprengt (siehe Plakat 3):  Allein der ererbte Besitz von Anteilen an der Firma BMW bringt in einem Jahr mehr als eine Milliarde Euro ein, ohne dass der Anteilseigner dafür hätte arbeiten müssen. Eine Milliarde in einem Jahr! Zusätzlich zum schon vorhandenen Vermögen! Was das für eine Dimension ist, zeigt ein kleines Rechenbeispiel: Wenn ein Mensch, der eine Milliarde Euro in bar in die Wiege gelegt bekommt, keinen Cent davon anlegt und exakt 100 Jahre lang lebt, an jedem Tag seines Lebens von der Geburt bis zum Tod nach 100 Jahren 10.000 Euro ausgibt, dann ... hat er am Ende dieser 100 Jahre von der Milliarde 365 Millionen ausgegeben. 635 Millionen sind noch übrig. Die würden dann sicherlich wieder an einen zukünftigen Milliardär vererbt.  Oder: Der so genannte "Diesel-Skandal" bei VW. Inzwischen weiß man ja längst, dass VW beileibe nicht der einzige Autobauer war, der den Stickoxid-Ausstoß seiner Diesel-Fahrzeuge in krimineller Weise manipuliert hat, um die Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte vorzutäuschen. Das Beispiel VW bietet aber guten Anschauungsunterricht darüber, wie man in den Vorstandsetagen solcher Konzerne mit so einem Skandal umzugehen pflegt: VW-Chef Winterkorn trat zurück, und erhält von VW fortan eine Betriebsrente von 3100 Euro. Nicht pro Monat, auch nicht pro Woche, sondern pro Tag! Und das bis zu seinem Lebensende! Das wird aller Wahrscheinlichkeit nach noch ziemlich lang sein, denn reiche Menschen können sich beste medizinische Versorgung leisten und leben statistisch deutlich länger als andere. Obendrauf gibt es für den Ex-VW-Boss auch noch Dienstwagen plus Chauffeur. Wozu braucht ein Rentner eigentlich einen Dienstwagen? – VW wird's schon wissen (siehe Plakat 3). Man hört schon die Einwände derer, die an solchen Dingen nichts auszusetzen haben: Das seien außergewöhnliche Einzelfälle, die nicht verallgemeinert werden könnten. Und außerdem regele der Markt die Waren- und Geldströme auf seine Weise. Und da wir in einer "freien Marktwirtschaft" lebten, dürfe man da auch nicht eingreifen. "Der Markt wird's schon richten." Dass diese vermeintlichen "Einzelfälle" durchaus keine Einzelfälle und auch nicht den Launen des Marktes geschuldet sind, verdeutlicht ein Blick auf Plakat 11. Die Anhäufung und Vermehrung ungeheuren Reichtums ist das Ergebnis politischer Entscheidungen, die den Weg in eine Gesellschaft der Ungleichheit und Ungerechtigkeit bereitet haben.  Stichwort Vermögenssteuer: Die wurde 1997 unter CDU-Kanzler Kohl abgeschafft. Seither ist Deutschland eines der ganz wenigen Länder, in denen es keine Vermögenssteuer gibt.  Stichwort Erbschaftssteuer: In kaum einem vergleichbaren Land werden große Erbschaften in solch lächerlich geringem Ausmaß besteuert wie bei uns. Insbesondere Unternehmensübertragungen sind weitestgehend von der Besteuerung befreit.  Stichwort Kapitalertragssteuer: Die Besteuerung von Gewinnen aus Kapitalanlagen wurde unter der Regierung von SPD und Grünen von 42 auf 25 Prozent abgesenkt. Gewinne aus dem Verkauf von Kapitalgesellschaften sind gänzlich steuerbefreit.  Stichwort Einkommenssteuer: Der Spitzensteuersatz, der noch unter Kohl galt, wurde unter Kanzler Schröder (SPD) im Jahr 2004 von 53 auf 42 Prozent abgesenkt. All dies hat maßgeblich dazu beigetragen, Reiche reicher zu machen. Und während der Staat genau dafür Sorge getragen hat, hat er sich selbst gleichzeitig als arme Kirchenmaus gegeben und dringend notwendige Investitionen in öffentliche Aufgaben sträflich vernachlässigt. Die gebetsmühlenartig vorgebrachte Rechtfertigung: Die schwarze Null muss erreicht werden. Und man dürfe auf keinen Fall künftigen Generationen Schulden hinterlassen. Was aber hinterlässt man künftigen Generationen anderes, wenn der Staat Straßen, Brücken, Schulen, Kindergärten oder den öffentlichen Nahverkehr brach liegen und verrotten lässt? Und außerdem: Für jedes Unternehmen ist selbstverständlich, dass zum Zwecke von Investitionen Kredite aufzunehmen, also Schulden zu machen, zum normalen Alltagsgeschäft gehört. Gleichzeitig mit der Zunahme des Reichtums offenbart sich aber auch die Kehrseite dieser Entwicklung (siehe Plakat 10). Die Steuer- und Abgabenbelastung für Normal- und Geringverdienende wurde kräftig angehoben: Allein die Mehrwertsteuererhöhung von 16 auf 19 Prozent fraß immer mehr vom verfügbaren Einkommen der Menschen auf. Die Arbeitslosenunterstützung wurde nach den Vorschlägen des Schröder-Kumpels Peter Hartz so zusammengestrichen, dass viele Menschen, die ihren Job verloren haben, als "EinEuro"- oder "Minijobber", deren Einkommen mit dem Hartz-IV-Satz verrechnet wird, oder als Langzeitarbeitslose an den Rand der Armut gedrängt werden. Arbeitgebern wurden - ebenfalls unter Schröder - die Möglichkeiten ausgeweitet, Arbeitskräfte nur als Teilzeit- oder Leiharbeitskräfte zu beschäftigen und dementsprechend schlechter zu bezahlen. Weniger als 30% der Betriebe in Deutschland zahlen Löhne nach Tarif. Innerhalb der Europäischen Union hat Deutschland den größten Billiglohnsektor. Viele Menschen sind gezwungen, einen Zweit- oder gar Drittjob anzunehmen, um sich aus der Summe dieser Niedrigverdienste einigermaßen über Wasser halten zu können. Die Lohnentwicklung zwischen dem Jahr 2000 und dem Jahr 2015 liegt in Norwegen bei plus 25 Prozent, in Deutschland bei minus 4,5 Prozent! Im Ergebnis verdienen heute 40 Prozent aller Beschäftigten real weniger als Mitte der 90er Jahre, und 12,9 Millionen Menschen leben unter der statistischen Armutsschwelle, zwei Millionen Kinder und Jugendliche in "Hartz-IV-Familien". Hinzu kommt, was der "freie Markt" sonst noch so regelt, z.B. dass Wohnen immer mehr zum Luxus derer geworden ist, die sich jeden geforderten Kaufpreis oder Mietzins leisten können. Die anderen müssen halt sehen, wo sie bleiben: In Deutschland sind derzeit rund 300.000 Menschen wohnungslos! Allein in Hanau fehlen 3000 für Normaleinkommen bezahlbare Wohnungen, während an allen Ecken und Enden der Stadt, wie auch andernorts in der Region, Luxuswohnungen und – häuser zu horrenden Kaufpreisen gebaut werden. Ja, Wohnraum wird geschaffen, aber in erster Linie für Leute, die die Profitinteressen der Immobiliengesellschaften befriedigen können. Man hört immer wieder, Deutschland sei ein reiches Land. Das stimmt auch. Aber der Reichtum konzentriert sich in den Händen weniger, und das hat mit einer gerechten Gesellschaft absolut nichts zu tun. Daher fordern wir (siehe Plakat 11):  Wiedereinführung der Vermögenssteuer  Einführung einer Finanztransaktionssteuer  Anhebung der Besteuerung großer Erbschaften  Häufigere Steuerprüfungen und verstärkte Steuerfahndung  Anpassung der Kapitalertragssteuer an den Spitzensteuersatz auf Arbeitseinkommen  Anhebung des Körperschaftssteuersatzes von 15 auf 25 Prozent Übrigens stehen wir mit diesen Forderungen nicht allein. Auch die EU-Kommission, der Internationale Währungsfonds, die Europäische Zentralbank und die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) haben in jüngster Zeit die deutsche Regierung wiederholt aufgefordert, ihre Wirtschafts-, Finanz-, Steuer- und Investitionspolitik zugunsten einer gerechteren Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums zu ändern. Alles Institutionen, die bestimmt nicht als Systemveränderer einzuschätzen sind. Und angesichts der schon seit geraumer Zeit sprudelnden Steuereinnahmen (die aber nicht den Steuerzahlungen von Unternehmen und Vermögenden zu verdanken sind!), ist es umso berechtigter, eine andere Verteilungs- und Ausgabenpolitik des Staates zu fordern. Eine Politik, die Reiche stärker zur Finanzierung staatlicher Aufgaben heranzieht, Normal- und Geringverdienende entlastet und öffentliche Investitionen in die Infrastruktur verstärkt. Die Zeit dafür ist reif. Es geht um mehr Gleichheit. Es geht um mehr Gerechtigkeit. Es geht um ein menschenwürdiges Leben für Alle. Schließen Sie sich der Aktion "Reichtum umverteilen" an!