Größere Klassen, mehr Pflichtstunden ... wegen Lehrermangel? Ein Gegenvorschlag

Expertenkommission hat Vorschläge zum Lehrermangel vorgelegt

GEW-Mitglied Enrico Beyer hat Gegenvorschläge

Ein kleiner Blick auf die Zusammensetzung dieser Kommission ist sehr hilfreich. Es sind hauptsächlich hochdekorierte Professoren, die da arbeiten. Die einzigen Berührungspunkte mit der Arbeit der Lehrer*innen an den Schulen sind normalerweise Erzählungen und Geschichten von ihren Student*innen oder von irgendwelchen mehr oder weniger gut gestalteten Studien. Ein Lehrerpraktikum an einer Schule haben die Ärmsten doch noch nie gemacht. Sie sind also weit entfernt von der Realität, aber immer noch näher dran als die meisten Bildungspolitiker.

Ich versuche daher als Praktiker auch mal, ein paar Dinge vorzuschlagen, die sehr effektiv sein könnten.

  1. Die Schulverwaltung ist für uns ein sehr großer Posten der Mehrarbeit. Ich weiß bis heute nicht genau, warum ich z.B. Zeugniskopien abheften soll, ein Klassenausflug komplett verwalten muss, ein Konferenzprotokoll schreiben soll, etc.- Warum machen wir das eigentlich? Dafür gibt es doch Sekretär*innen.
  2. Zentrale Lernstanderhebungen haben für uns aus einem einfachen Grund praktisch keine Bedeutung. Wir kennen den Lernstand einer Lerngruppe normalerweise nach spätestens 14 Tage. Das benötige wir auch, um unseren Unterricht sinnvoll zu planen und zu gestalten. Wenn jemand so eine zentrale Lernstandserhebung durchführen möchte, um daraus eine Lernentwicklung zu evaluieren, dann kann er das gerne machen, sollte es dann aber auch selbst kontrollieren.
  3. Das übliche Procedere, bei einem Lehrermangel die Pflichtstundenzahl und die Größe der Lerngruppen irgendwie zu erhöhen, wird uns auch dieses Mal leider nicht erspart bleiben.
    Im Gegenzug zu den Vorschlägen der Expertenkommission (das war ja im Prinzip Yoga machen), sollten wir vielleicht mal über unsere Arbeit nachdenken. Das heißt: weniger Zeit in die Vor- und Nachbereitung von Unterricht investieren, den inhaltlichen Umfang der Klassenarbeiten reduzieren, keine neuen Projekte entwickeln, die Arbeit an Projekten reduzieren oder beenden, etc.
  4. Eine weitere Möglichkeit einen Lehrermangel zu kompensieren, besteht natürlich auch darin, die Lehrpläne zu reformieren. Die bisherigen Reformpläne, sind immer auf mehr Quantität und immer weniger Qualität ausgerichtet. Wenn man diesen Aspekt richtig umsetzt, lässt sich mit weniger Unterrichtsvolumen sogar ein besseres Ergebnis erzielen.

Enrico Beyer