Ist Auswandern wirklich die einzige Lösung?

Akion der drei GEW-Kreisverbände des MKK für A 13 für alle

Der Lehrkräftemangel in den Grundschulen ist seit vielen Jahren bekannt. In sieben Bundesländern reagieren die Landesregierungen mittlerweile darauf und erfüllen die langjährigen Forderungen der Gewerkschaften nach gleicher Eingangsbesoldung aller Lehrkräfte. Die hessischen Kolleginnen und Kollegen allerdings können dies im Moment nur erreichen, wenn sie das Bundesland verlassen, also „auswandern“.

Auch 2019 ist der 13. November der Tag, an dem die Bezahlung der Grundschullehrkräfte im Vergleich zu allen anderen Lehrämtern in Hessen rechnerisch endet. Lehrerinnen und Lehrer an Grundschulen werden in Hessen nach A 12 besoldet, während ihre Kolleginnen und Kollegen an allen anderen Schulen nach A 13 bezahlt werden.  Gemessen an der Besoldungsgruppe A 13 arbeiten die Grundschullehrkräfte mit ihren geringeren Bezügen nach A 12 ab dem 13. November bis zum Jahresende unentgeltlich. Darüber hinaus haben Grundschullehrkräfte die höchste Unterrichtsverpflichtung.

Zum fünften Mal mahnen auch die regionalen Kreisverbände der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) eine gleiche Eingangsbesoldung für alle Lehrämter an.

Landesweit wird über die schlechte Lehrer_innenversorgung an Schulen diskutiert, die Zahl der nicht ausgebildeten Lehrkräfte an Grundschulen steigt mit jeder Anfrage im Landtag und mit jeder Medienrecherche. Dennoch bewegt sich das Land Hessen kein bisschen hin zu einer gleichen Eingangsbesoldung aller Lehrämter. Statt einer beschönigenden Darstellung der Situation bedarf es angemessener Maßnahmen, um Grundschullehrkräfte für Hessen zu gewinnen! Eine Besoldung nach A 13 ist eine angemessene Maßnahme, die auch die mittelbare Diskriminierung des Frauenberufs „Grundschullehrkraft“ beheben würde.

Die GEW-Kreisverbände im Main-Kinzig-Kreis haben einen Koffer gepackt und der schwarz-grüne „Sparzwerg“  fordert zum Auswandern in eines der sieben Bundesländer auf, die sich auf den Weg zu einer einheitlichen Lehrer_innenbezahlung gemacht haben. Junge Kolleginnen und Kollegen, die räumlich nicht an Hessen gebunden sind, werden dorthin gehen, wo sie die besten Arbeitsbedingungen vorfinden. Da steht das Land Hessen als Arbeitgeber leider nicht oben auf der Wunschliste: es ist nicht in der Tarifgemeinschaft der Länder, die Grundschulkolleg_innen haben hier die höchste Unterrichtsverpflichtung und der Lehrermangel an Grund- und Förderschulen führt dazu, dass immer häufiger pädagogisch nicht qualifizierte Kräfte den Unterricht übernehmen –mit allen Konsequenzen.

Die GEW hat nachgewiesen, dass der Mangel an ausgebildeten Lehrkräften an hessischen Schulen in den kommenden Jahren sehr viel größer sein wird als vom Kultusminister angegeben. Danach wird die Lücke zwischen dem Lehrkräfteeinstellungsbedarf und dem entsprechenden Lehrkräfteangebot im Schuljahr 2022/23 und 2023/24 bei 1.450 bzw. 1.300 liegen. Die Kultusministerkonferenz hatte für Hessen für die entsprechenden Schuljahre einen Lehrkräftemangel von gut 600 bzw. rund 400 Personen prognostiziert.

Aus Untersuchungen des Hessischen Kultusministeriums ist bekannt, dass es schon jetzt Grundschulen gibt, an denen der Unterricht im Umfang von bis zu 20 Prozent von hierfür nicht ausgebildeten sogenannten Vertretungslehrkräften gehalten wird! Dass ausgerechnet die jüngsten Schülerinnen und Schüler in der Grundschulbildung um ihre bestmögliche Förderung und besten Chancen gebracht werden, wird von Regierungsseite billigend in Kauf genommen. Wenn die Grundlagen fehlen, werden sich die Defizite durch das gesamte Schulleben fortsetzen. Dies trifft insbesondere die Schwächsten der Gesellschaft.

„Sicherlich wird eine Anpassung der Eingangsbesoldung nicht alle Probleme mit Blick auf fehlende Lehrkräfte lösen“, meint Heike Rickert-Fischer vom Vorsitzendenteam des Kreisverbandes Gelnhausen, „aber sie wäre ein deutliches Zeichen der Wertschätzung des Berufes.“

„Grundschullehrkräfte sind diejenigen, die Inklusion trotz fehlender Ressource und schlechten Rahmenbedingungen möglich gemacht haben, die individualisiertes Lernen bereits seit Jahrzehnten umsetzen und die „Eine Schule für alle“ täglich in ihrer ganzen Vielfalt leben“, ergänzt Anja Saling vom Vorsitzendenteam des Kreisverbandes Hanau. „Der akute Lehrer_innenmangel gefährdet auch alle Inklusionsvorhaben an den Schulen. Wir werden in Gesprächen mit den Landtagsabgeordneten der Landesregierung versuchen, unsere Sicht deutlich zu machen und ihnen unsere Argumente für ihre politische Arbeit mitgeben.“